Bildungsort Küche: Angehende Erzieher sind jetzt Genussbotschafter
19.03.2018
Gesunde Ernährung ist die beste Gesundheitsvorsorge und sollte schon vom Kindesalter an eine wichtige Rolle spielen – und zwar nicht aus Pflichtbewusstsein, sondern mit Spaß und Genuss. Daher ließen sich angehende Erzieherinnen und Erzieher der Fachschulen für Sozialwesen und Sozialpädagogik der Zinzendorfschulen jetzt zu Genussbotschaftern der Initiative „Ich kann kochen!“ der Sarah-Wiener-Stiftung und der Krankenkasse Barmer ausbilden.
Die Diplom-Ökotrophologin Susanne Schindler kam mit Lebensmittel-Körben und einem Koffer voller Gewürze nach Königsfeld, um das wertvolles Wissen zu vermitteln, wie man bei Kindern den Spaß am gemeinsamen Kochen wecken kann. Denn frisch zubereitetes Essen ist nicht nur viel gesünder als Fertiggerichte, es wirkt sich auch positiv auf die Ess- und Tischkultur und die Sozialkompetenz aus, stärkt die Feinmotorik und fördert das Vertrauen der Kinder in die eigenen Fähigkeiten.
Ein wichtiger Aspekt beim Kochen ist es, Lebensmittel zu beschreiben. Bei einer Verkostung haben die angehenden Erzieherinnen und Erzieher verschiedene Brotsorten probiert und sollten sie charakterisieren. Es geht darum, dass Kinder lernen auszudrücken, warum ihnen etwas schmeckt und warum nicht. Dabei spielen viele Faktoren eine Rolle wie Geschmack, Aussehen, Haptik, Geruch, Konsistenz. „Für viele Kinder gibt es nur die Kategorien ‚lecker‘ oder ‚igitt‘“, sagt Susanne Schindler. „Wenn sie lernen, zu beschreiben, was ihnen gefällt und was nicht, ist es viel leichter, Kompromisse zu finden.“ Diese könnten darin bestehen, Beliebtes mit Unbeliebtem und Bekanntes mit Unbekanntem mischen. Ist Rote Bete für viele Kinder ein ungewohnter Geschmack, kann man sie mit Kartoffelmus mischen. Andere mögen vielleicht keinen Kürbis, essen ihn aber gerne, wenn er mit Nüssen zubereitet ist.
Susanne Schindler erzählte von einer Grundschülerin, die nie ihr Pausenbrot aß. Auf die Frage, ob es ihr denn nicht schmeckt, antwortete das Mädchen: „Doch, aber bis ich es gegessen habe, ist die Pause schon wieder vorbei und ich möchte lieber auf dem Schulhof toben und rennen, bevor die nächste Stunde beginnt.“ Nun bekommt sie statt eines großen Vollkornbrotes ein kleineres Stück Vollkornbrot und ein Mischbrot, damit sie sowohl essen als auch toben kann.
Wie entscheidend Äußerlichkeiten selbst für Erwachsene sein können, schilderte die Ökotrophologin anhand eines Experiments, dass sie einst mit Köchen machte. Sie färbte Naturjoghurt mit geschmackloser Lebensmittelfarbe in gelb und rot ein und machte den Test: Viele tippten bei dem roten Joghurt auf Kirsche und bei dem gelben auf Vanille.
Die Farben prägen also die Erwartungen, genauso wie Namen für bestimmte Lebensmittel. „Wenn Sie zum Beispiel Kartoffelspalten mit einem Tomaten-Dip zubereiten, sollten Sie den nicht Ketchup nennen, weil die Kinder damit einen bestimmten Geschmack verbinden und den dann vielleicht enttäuscht sind.“ Überhaupt sei es bei Kindern gut, sich erst einmal an bestimmte Kategorien zu halten und das auch schon beim Einkaufen. „Wenn beim letzten Mal Mehl einer bestimmten Marke gekauft, sollte es beim nächsten Mal die gleiche Marke sein.“ Später dann kann das Spektrum erweitert werden.
Im praktischen Teil der Fortbildung bereiteten alle gemeinsam verschiedene Leckereien zu wie Frucht-Vanille-Quark, belegtes Brot mit selbstgeschüttelter Kräuterbutter, einen Salat mit Orangen und Champignons, Gemüse-Nuss-Bratlinge und vieles mehr, was sie sich im Anschluss gemeinsam schmecken ließen.
Damit das Projekt „Ich kann kochen!“ nicht am Geld scheitert, hat die Barmer für jeden Genussbotschafter ein Budget von 500 Euro bereitgestellt. Die angehenden Erzieher können das Geld für die Einrichtung, in der sie später einmal arbeiten, abrufen, um davon Lebensmittel für das Kochen mit Kindern zu kaufen.