Die Haltung der Brüdergemeine im sogenannten "Dritten Reich"

28.11.2018

Die Haltung der Brüdergemeine im sogenannten

„Es ist die Aufgabe eurer Generation dafür zu sorgen, dass die Pressefreiheit nie eingeschränkt wird, nie, nie, nie!“ Mit diesem eindrücklichen Appell an die Oberstufe und angehenden Erzieher der Zinzendorfschulen beendete Hans-Beat Motel seinen Vortrag über die Herrnhuter Brüdergemeine während der Zeit der Nationalsozialistischen Diktatur. Und die war erschreckend angepasst, auch in Königsfeld. Die Machtergreifung Hitlers wurde mit Gottesdiensten gefeiert, es gab Dank und Bewunderung, Konfirmanden in brauner Uniform, Kriegsgebetsstunden und die Hakenkreuzfahne vor dem Kirchensaal. „Die Leute waren begeistert und hatten daraus keinen Hehl gemacht“, sagte der Pfarrer im Ruhestand, der nach intensiver Recherche im Archiv feststellen musste: „Der reichdeutsche Größenwahn hatte auch die Herrnhuter Brüdergemeine erfasst.“

Die Begeisterung war nicht auf die Anfangsjahre des sogenannten Dritten Reichs beschränkt: Selbst 1944 noch gab es nach dem versuchten Attentat auf den Hitler einen „Dankgottesdiest“ dafür, dass dieses missglückte. Die Gemeine hatte sich im Kirchenkampf der linientreuen Deutschen Christen mit der oppositionellen Bekennenden Kirche neutral verhalten und lobte in ihrem Jahresbericht 1935 die Nürnberger Gesetze. Die Reichspogromnacht dagegen wurde nirgends erwähnt.



„Es gab nur wenige Lichtblicke innerhalb der Brüdergemeine“, bedauerte Motel, der den Schülern auch erklärte, wie es dazu kommen konnte. Die Schule hatte sich bis zur Zwangs-Verstaatlichung im Oktober 1944 mit dem Trick, einen Verein zu gründen, heraushalten können. Damit war sogar das Abitur möglich. Wegen ihrer Haltung in dieser Zeit wurde die Schule auch schon bald nach dem Krieg von den Franzosen wieder anerkannt.



Menschen anderen Glaubens oder anderer Herkunft dürften nicht ausgegrenzt oder diffamiert werden, gab Hans-Beat Motel den jungen Menschen mit auf den Weg. Auch sollte man nie das eigene Land als einzigen Maßstab zu nehmen und – das betonte er abermals – auf keinen Fall Einschränkungen der Pressefreiheit hinnehmen.



Der Abiturient Wenqi Song rahmte den beeindruckenden Vortrag mit Klavierstücken aus dem Film „Schindlers Liste“ ein und neben Fragen der Schülerinnen und Schüler gab es auch Wortmeldungen von Gästen im Publikum. Mechthild Zippel, Jahrgang 1929, berichtete von der Atmosphäre der Überwachung, die sie als Jugendliche in Königsfeld wahrgenommen hatte und der ehemalige Erzieher Jochen Winckler forderte dringlich von jedem Einzelnen Zivilcourage.


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