Ehrenamtlicher Deutschkurs an den Zinzendorfschulen eine große Hilfe ukrainische Geflüchtete
22.07.2022
„Magst Du Schokolade?“, fragt die Deutschlehrerin Sr. Maurer, eine Packung mit Süßigkeiten in der Hand, zu Beginn einer jeden Stunde, in der sie ukrainischen Geflüchteten Sprachkenntnisse vermittelt. Wenn diese ihre Frage in einem ganzen Satz bejahen, dürfen sie sich ein Stückchen nehmen und mit den Süßwaren gleich die Frage weiterreichen. Das kleine Ritual hilft dabei, die Scheu vor der fremden Sprache abzulegen, denn damit ist schon mal ein Anfang gemacht.
Sieben Deutschlehrer*innen der Zinzendorfschulen geben seit März ehrenamtlich in ihrer Freizeit Deutschkurse – auch in den Ferien. Die Räumlichkeiten der Zinzendorfschulen können sie nachmittags nutzen, am Vormittag sind alle Klassenzimmer besetzt.
Den Ehrenamtlichen zur Seite stehen meist auch russischsprachige Schüler*innen der Zinzendorfschulen, sie kümmern sich vor allem um die Kinder, die mit ihren Müttern den Unterricht besuchen, oder übersetzten Arbeitsanweisungen wie „bitte bildet kleine Lerngruppen“.
Weil es von staatlicher Seite keine Unterstützung für die Privatschule gibt, und das Land nicht – wie bei öffentlichen Schulen – eine zusätzliche Lehrerstelle bewilligt, haben die Zinzendorfschulen wenig Spielraum für weitere Maßnahmen. Die in Königsfeld lebenden Kinder der ukrainischen Geflüchteten sind eingeladen, nachmittags kostenlos an den AGs der Zinzendorfschulen teilzunehmen, außerdem können sie ab Klasse 5 in den Regelunterricht hineinschnuppern.
Den Anstoß zum ehrenamtlichen Sprachkursus, den Erwachsene wie Kinder besuchen können, gab Br. Kreihe, ein pensionierter Deutschlehrer der Zinzendorfschulen. „Ich kann es nicht mit ansehen“, sagte er damals angesichts der aus dem Kriegsgebiet flüchtenden Menschen, „wir müssen etwas tun.“ Und was kann ein Deutschlehrer besser, als Deutsch zu unterrichten? Schnell waren genügend Mitstreiter*innen aus den Reihen des Kollegiums gefunden, um täglich von montags bis donnerstags eine volle Stunde hochwertigen Unterricht anzubieten. Mithilfe des Lehr- und Arbeitsbuchs „Spektrum Deutsch“, das die Herrnhuter Brüdermeine für alle Teilnehmer*innen finanziert hat, lernen die Geflüchteten, in Alltag und Beruf zu kommunizieren.
Natalja Balinets hat bereits einen Job gefunden – nicht zuletzt dank ihrer auf diesem Weg erworbenen Sprachkenntnisse. Sie arbeitet in einem Industrieunternehmen in Niedereschach und ist froh, schon so viel gelernt zu haben. „Es hilft mir überall: Beim Einkaufen, beim Busfahren und sogar beim Zahnarzt.“
Die Ehrenamtlichen freuen sich über die Möglichkeit, nicht untätig zu sein. „Ich habe damals schon die Jesidinnen unterrichtet, die nach Königsfeld gekommen waren“, sagt Sr. Maurer. „Das ist etwas, womit ich helfen kann.“ Außerdem gefällt ihr, was von ihrem Kurs zurückkommt: „Die Lernenden strahlen mich immer an, sie zeigen große Wertschätzung.“