Ex-Ministerpräsident Erwin Teufel an den Zinzendorfschulen

21.11.2012

Ex-Ministerpräsident Erwin Teufel an den Zinzendorfschulen

„Demokratie heißt, sich in die eigenen Angelegenheiten einzumischen“, zitierte Erwin Teufel den Schweizer Schriftsteller Max Frisch, als er auf Einladung der Zinzendorfschulen am Buß- und Bettag zu Schülerinnen und Schülern der gymnasialen Oberstufe sowie der Fachschule für Sozialpädagogik sprach. Und demokratisch ging es gleich zu Beginn des Vortrags zu: Die Zinzendorfschüler durften nämlich das Thema selbst wählen. Im Angebot waren prägende Aspekte aus dem Leben des ehemaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten und ein Referat über Europapolitik.
In einer Abstimmung haben sich die Schüler für die biografischen Momente des CDU-Politikers entschieden, der zwei Tage nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs als ältester Sohn einer Landwirtsfamilie in Zimmern ob Rottweil geboren wurde. „Obwohl ich den Krieg damals nicht bewusst miterlebt habe, hat mich diese Zeit geprägt“, sagte er.
Nach dem Krieg – er war gerade in die Grundschule eingeschult worden – musste er schon früh Verantwortung für seine insgesamt acht Geschwister übernehmen. Ein paar Jahre später versorgte ihn seine Mutter mit Büchern, wofür er ihr jetzt noch dankbar ist. „Im Alter von 13 bis 15 Jahren las ich alles, was es über den Widerstand gab“, erinnerte er sich, „beispielsweise das Tagebuch der Anne Frank, Bücher über die Weiße Rose und den Briefwechsel inhaftierter Widerstandskämpfer mit ihren Familien.“
Natürlich könnten seine und spätere Generationen nicht den Widerstand nachholen, den die Generation seiner Eltern versäumt habe, „aber wir können uns dafür einsetzen, dass so etwas nie wieder passiert.“
Den jungen Menschen gab er für ihre Zukunft zwei Ratschläge mit auf den Weg: Verantwortung zu übernehmen  - sei es in der Kirche, einem Verein oder der Schülermitverantwortung - und zu Lesen, denn „Bücher sind noch wichtiger als Sparbücher.“
Im Anschluss an die interessanten Einblicke in sein Leben nahm sich der Ex-Ministerpräsident noch Zeit, Fragen zu beantworten. Ein Schüler wollte etwa wissen, wie ihn der Mauerfall beeinflusst habe. „Die Wiedervereinigung ist ein Glücksfall der europäischen Geschichte“, so Teufel. Er habe zwar immer an den Mauerfall geglaubt, sei jedoch nicht sicher gewesen, ob er ihn noch erleben dürfte.
Passend zum Buß- und Bettag wurde er abschließend gefragt, ob die Deutschen seiner Meinung nach noch immer wegen ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit Grund zum Büßen hätten. „Schuld gibt es nur als persönliche Schuld“, sagte der frühere Ministerpräsident. Er zitierte den ehemaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss, der gesagt hatte, es gehe nicht um eine kollektive Schuld der Deutschen, wohl aber um eine kollektive Scham. „Und schämen“, so Erwin Teufel, „müssen wir uns, so lange wir leben.“

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