Interkulturelles Training erleichtert das Miteinander im Internat

28.09.2016

Interkulturelles Training erleichtert das Miteinander im Internat

„Wenn ich in China in ein Lokal gehe, Daumen und Zeigefinger in die Höhe halte, und Cola bestelle, bekomme ich acht Gläser.“  Die Jungen und Mädchen vom Zinzendorfinternat staunen nicht schlecht, als der erfahrene Erlebnispädagoge Fridolin Weiner ihnen mit Hilfe eines ihrer Mitschüler zeigt, dass in China sogar die Zahlen mit den Händen anders angezeigt werden als in Deutschland. Kein Wunder also, dass es auch in anderen Bereichen des Miteinanders gelegentlich zu Missverständnissen kommt. Um diese auszuräumen, haben Weiner und zwei Kolleginnen von der Hamburger Weiterbildungseinrichtung InterCultur ein ganzes Wochenende mit den Jugendlichen trainiert.
Zunächst einmal ging es darum, kulturelle Unterschiede und deren Auswirkungen im zwischenmenschlichen Bereich kennenzulernen. Dazu wurden sie fiktiven Kulturkreisen zugeteilt: Die einen waren die emotionalen, kreativen „Handländer“, die alles mit ihren Händen begreifen müssen, die anderen die eher rationalen, technikaffinen „Fußländer“, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden stehen. Gemeinsam mussten sie eine Aufgabe bewältigen, deren Ergebnis sich am Ende trotz aller Gegenseitigkeiten sehen lassen konnte.
Zwölf Schülerinnen und Schüler aus Fernost besuchen derzeit im Schwarzwald gemeinsam mit Jugendlichen aus ganz Süddeutschland und den Nachbarländern die unterschiedlichen Schulzweige des evangelischen Schulwerks. „Die internationale Zusammensetzung der Schulgemeinschaft bietet eine tolle Gelegenheit, etwas über ferne Länder und Kulturen zu erfahren“, freut sich Vincent Acocella, der das interkulturelle Training als sehr anregend empfand.
Bei dem Workshop lernten die jungen Menschen an praktischen Beispielen, dass bei der Kommunikation zwischen zwei Individuen immer der jeweilige Erfahrungshintergrund eine Rolle spielt. Ein temperamentvoller, rhythmusbetonter Musikclip verdeutlichte das eindrucksvoll. Die meisten tippten darauf, dass die Musik beim Karneval in Rio zu hören sei, die Auflösung zeigte jedoch: Es handelt sich um eine ghanaische Beerdigung.  „Die Erfahrungen, die wir in unserem Leben gemacht haben, spielen unbewusst immer eine Rolle, um neue Erlebnisse einzusortieren“, erklärte Fridolin Weiner.
Eine zentrale Rolle  spielten auch verschiedene Übungen zum Teambildung. Mal ging es darum, dass ein unbeweglicher „Schäfer“ seine „Herde“, die aus Mitschülern mit verbundenen Augen bestand, durch Geräusche wie Klatschen oder Schnalzen in den Stall führt, bei einem anderen Spiel mussten die Jugendlichen mit verbundenen Augen über eine Slackline laufen. Sie wurden dabei von ihren Mitschülern gehalten und mussten sie dirigieren, in welche Richtung sie ausbalanciert werden wollten. In einer anderen Übung ging es darum, nur aus Holzleisten eine sich selbst tragende Brücke zu konstruieren. In den Teams rauchten die Köpfe und  jeder konnte seine Ideen einbringen. „Ich habe schon viele Teamtrainings mitgemacht“, meinte der Berufsfachschüler Lukas, „aber diesmal war es endlich mal etwas ganz anderes.“
Besonders spannend fanden die Jugendlichen die Zukunftswerkstatt, in der verschiedene Ideen gesammelt wurden, wie das Zusammenleben im Internat in fünf Jahren aussehen könnte. Eines der Projekte, die sie sich erdacht hatten, nannten sie „Cook & Learn“ – hierbei kochen die Schüler gemeinsam ein internationales Gericht kocht und sammeln dabei Hintergrundinformationen über das jeweilige Herkunftsland.
Der vom Humboldt-Institut und der Bildungsberatung Ouyang geförderte Workshop setzte nicht nur bei den Schülern an. Am Abend diskutierten die Pädagogen von InterCultur mit den Erzieherinnen und Erziehern der Zinzendorfschulen, wie sie den internationalen Schülern helfen können, sich trotz kultureller Unterschiede schnell im Schwarzwald einzuleben. „Es sind viele gute Ideen entstanden, die im Internatsbeirat, einem Gremium von Schülern und Internatsleitung, weiter vorangetrieben werden“, resümierte Internatsleiter Br. Sendlbeck.

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