Präventionstheater gastiert mit Stück über Ess-Störungen

24.11.2017

Präventionstheater gastiert mit Stück über Ess-Störungen

Sie macht täglich 500 Sit-ups, verschenkt ihr Pausenbrot und wirft das Mittagessen weg – Shirin hat sich soweit heruntergehungert, dass sie fast am Verschwinden ist. Ihre Freundin Lena dagegen stopft ihren Frust in sich hinein und übergibt sich anschließend. Das mobile Theater Sakramo 3D gastierte an den Fachschulen für Sozialpädagogik und Sozialwesen der Zinzendorfschulen und führte das Bühnenstück „Püppchen“ auf, das sie sonst als Präventionsprojekt der AOK vor Schülerinnen und Schülern der fünften bis achten Klassen zeigen.
Entsprechend kam die theaterpädagogische Nachbearbeitung einer Fortbildung gleich, denn die Schauspielerinnen Monika Wieder und Sarah Gros gaben den angehenden Erziehern und Jugend- und Heimerziehern viele Tipps und Tricks für ihren späteren Berufsalltag. „Ess-Störungen sind eine Sucht“, erklärte die gelernte Sozialpädagogin Monika Wieder, „aber anders als Alkoholiker können Menschen mit Ess-Störungen nicht auf ihr Suchtmittel verzichten, denn jeder muss essen. Sie werden ein Leben lang täglich mit ihrem Suchtmittel konfrontiert.“
Auch Jugendliche sollten die Augen offen halten, wenn den Verdacht hegen, dass bei ihren Freunden etwas nicht stimmt. Und falls diese nicht darüber sprechen wollen, sich an einen Erwachsenen wenden. „Das hat nichts mit petzen zu tun, das ist Sorge“, sagte sie.
Ihre Bühnenpartnerin Sarah Gros verdeutlichte währenddessen in einer anderen Klasse der Fachschulen, welche Mengen an Kalorien Bulimiker bei einer Attacke zu sich nehmen. „Wir haben im Stück bewusst einen Teller Nudeln mit Hackfleischsauce erwähnt. Der hat etwa 500 Kalorien. Bulimiekranke nehmen bei einem Anfall bis zu 20 000 Kalorien zu sich – das entspricht vierzig Tellern Nudeln mit Hackfleischsauce.“ Und das rund Zehnfache des täglichen Energiebedarfs eines durchschnittlichen Erwachsenen. Sie riet den angehenden Erziehern, wie sie essgestörte Kinder und Jugendliche dazu bringen können, sich zu öffnen, ohne dass sie es gezielt ansprechen.

Genauso interessant und aufschlussreich wie die Nachbesprechung ist auch das Stück selbst gewesen. Die beiden Darstellerinnen überzeugten mit enormer Wandlungsfähigkeit, sie spielten mal die beiden essgestörten Mädchen, deren Mitschüler Torsten und Simon und auch die Eltern der Protagonisten.  Die Geschickte von Lena und Shirin, die einen ähnlichen Weg gewählt haben, mit ihren Problemen umzugehen, ist spannend und sensibel erzählt.
Während Lena zu Hause funktionieren und ihre überlasteten Eltern unterstützen soll, fragt sie niemand,  was sie möchte und deshalb findet sie: “Mein Leben ist zum Kotzen“. Was sie dann auch ausgiebig tut.  Ihre Schulfreundin Shirin dagegen hat in letzter Zeit „ganz schön abgenommen“.  Sie merkt nicht, wie sich ihre Wahrnehmung verändert in einer Welt, in der sie niemand mehr zu verstehen scheint. „Nur noch 2 Kilo abnehmen, wo ist denn da das Problem?“ Ihre Freundin kommt nicht mehr an sich ran und fragt irgendwann: „Wen lügst du jetzt an: Dich oder mich?“
Lena schafft am Schluss den Ausstieg aus dem Kreislauf, sie erkennt ihr Problem und sucht sich Hilfe. Wie die Geschichte für Shirin ausgeht bleibt offen, aber „alle wollen, dass sie überlebt“, sagte Sarah Gros in der Nachbesprechung.

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